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Am Tisch herrschte ein angeregtes Gespräch. „Das hättest du sehen sollen, wie die sich mit ihrer Schwester aufgeführt haben. Den ganzen Laden haben die beiden unterhalten. Dabei haben sie wie ich nur ein paar Sachen anprobiert. Aber so laut und übertrieben, dass alle hingesehen haben. Und dann haben sie dabei ständig herumgealbert. Nein, so benimmt man sich nicht. Was für fürchterliche Personen“, sagte die eine und man sah ihr tatsächlich an, dass sie sich immer noch aufregte über die kleine Szene in dem Laden. Sie wollte dabei eigentlich gar nicht schlecht über die Schwestern, die sie beobachtet hatte, reden, sondern einfach ihrem Ärger über die störende Situation Luft machen.

Ihre Tischnachbarin hatte ihr lange schweigend zugehört, dann lächelte sie und sagte: „Nimm es doch mal so, die beiden hatten ihren Spaß. Und das ist doch was Gutes.“

Darauf herrschte Stille am Tisch, bei der man hätte hören können, wie eine eine Stecknadel zu Boden fällt. Der ganze Ärger der einen prallte plötzlich an der Bemerkung ab: „Die hatten doch nur Spaß und das ist etwas Schönes.“ Ich war erstaunt. Da geht es um ein die selbe Sache. Doch sie erhält eine völlig unterschiedliche Bewertung, die mich fragen lässt:

„Wie sehen wir Menschen uns eigentlich an? Sehen wir uns mit den Augen des Zornes oder mit den Augen der Güte an?“ Die Szene am Tisch zeigt mir, dass immer beide Betrachtungsweisen möglich sind, so sehr ich mir wünschte, es gebe nur die eine, die versöhnliche. Da ist es mir ein Trost, dass ich darauf vertrauen kann, dass Gott uns Menschen mit den Augen der Liebe betrachtet. Wenn er auf uns sieht, dann ist sein Blick voller Gnade und voller Versöhnung. Immer wenn wir daran denken, kann uns das helfen, die Menschen um uns aus dieser göttlichen und Frieden schaffenden Sichtweise zu betrachten.

H. Wensch, Juli 2020

 

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